March-Thaya Auen

Die March-Thaya-Auen zählen zu den bedeutendsten Feuchtgebieten Mitteleuropas. Sie bilden die fließende Grenze zwischen dem Weinviertel (A), Südmähren (CZ) und der Westslowakei (SK), liegen als grünes Herz zwischen den Ballungsräumen Wien, Bratislava und Brno und gelten heute mehr denn je als Bindeglied dreier benachbarter Staaten. March und Thaya sind die einzigen Tieflandflüsse Österreichs, ihre Flussschlingen haben ein breites Band wertvoller Aulandschaft und ausgedehnter Überschwemmungsflächen geschaffen.

Neben den Flüsse und dem pannonisch geprägten Klima hat auch der Mensch maßgeblich zur Entstehung der heutigen Landschaft an March und Thaya beigetragen. Ausgedehnte Feuchtwiesen mit eingestreuten Kopfweiden und Buschgruppen prägen z.T auch noch heute das Landschaftsbild, denn die weitausufernden Hochwässer an March und Thaya haben jahrhundertelang nur die Nutzung von Weiden oder Mähwiesen zugelassen.

Große Teile der Wälder – Quirleschen-Stieleichen-Auen, einem besonderen pannonischen Typ der Harten Au – wurden bereits mit der ersten Besiedlung durch den Menschen gerodet bzw. parkartig aufgelichtet und in Wiesen und Viehweiden umgewandelt. Die Folge waren Überschwemmungswiesen, die pannonisch geprägten und heute stark gefährdeten Brenndoldenwiesen. Neben den Auwäldern und den Überschwemmungswiesen finden sich in enger Verzahnung zahlreiche Sondergesellschaften von Feuchtwiesen und Salzwiesen bis zu Halbtrocken- und Sandrasen. 2.200 Hektar des Gebietes sind permanent vom Wasser bedeckt, auf die beiden Flussläufe entfallen dabei lediglich 813 Hektar. Natürliche Augewässer wie reliktäre Mäander, langgestreckte Altbette, Seiten- und Nebenarme der Flüsse und nicht zuletzt temporäre Gewässer sind vorzufinden.

Für alle drei Anrainerstaaten stellen die March-Thaya-Auen nationale Schlüsselgebiete des Vogelschutzes mit außergewöhnlichen Vorkommen dar. In den Jahren 1800 bis 1999 konnten in den March-Thaya-Auen insgesamt 292 Vogelarten nachgewiesen werden. Heute nutzen 150 Vogelarten die March-Thaya-Auen als Brutgebiet, 116 Vogelarten besuchen die Region während des Durchzuges oder im Winter. Für wandernde Großsäugerarten dienen die March-Thaya-Auen zudem als wichtiges Trittsteinbiotop innerhalb des paneuropäischen Alpen-Karpaten-Korridors, eines Wildtierkorridors der den genetischen Austausch von Wildtierpopulationen zwischen Alpen und Karpaten und damit deren langfristigen Bestand sichert.

Die Eingriffe des Menschen in der March-Thaya-Region waren und sind vielfältig. Die Regulierung der beiden Flüsse im Laufe des 20. Jahrhunderts stellt den sicher schwerwiegendsten Eingriff in dieses Ökosystem dar. Die massive Umgestaltung der Landschaft durch den Menschen hat zu einem markanten Rückgang der biologischen Vielfalt im Gebiet geführt. Charakteristische Arten, wie Urzeitkrebse und Seeadler und ehemals typische großflächig ausgebildete Lebensräume, wie Dünenlandschaften, Überschwemmungswiesen oder Weichholzauen sind bedroht. 40 Gefäßpflanzenarten des March-Thaya-Raums sind heute ausgestorben oder verschollen und 20 ehemalige Brutvogelarten kommen heute nicht mehr vor. Dessen ungeachtet zeichnen sich die Fluss- und Offenlandschaften entlang von March und Thaya immer noch durch eine herausragende Vielfalt aus, die aber dringend besser gesichert und nach Möglichkeit verbessert werden muss.

Schon früh wurde die naturschutzfachliche Bedeutung der March mit ihren vielfältigen Uferbereichen und Überschwemmungswiesen sowohl in Österreich als auch in der Slowakei erkannt. Große Teile wurden daher unter Schutz gestellt (Ramsar-Schutzgebiet, NATURA 2000 u.a.). Während jedoch die Donau Auen durch den Nationalpark langfristig gesichert erscheinen, fehlt der March-Thaya-Region trotz der vielen Schutzstati ein effektiver Schutz, der die Bedrohung durch intensive Nutzung und unangemessene Infrastrukturprojekte abwendet. Es gibt nach wie vor keine Schutzgebietsbetreuung für dieses wichtige Gebiet.

Jahrzehntelange wirtschaftliche Isolation – bedingt u.a. durch den Eisernen Vorhang – sowie die allgemeine Problematik ländlicher Gebiete haben dazu geführt, dass Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung in der Marchregion rar geworden sind. Heute, 18 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und 3 Jahre nach der EU-„Ost“-Erweiterung steht das Gebiet vor großen Herausforderungen und Chancen: Von der Randlage entlang einer starren Grenze in den Mittelpunkt einer neuen zentraleuropäischen Region, inmitten der „twin city“ Wien-Bratislava gelegen.

Um die Sicherung der March-Thaya-Auen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung voranzutreiben, haben sich die in der Region aktiven Naturschutzorganisationen, Auring, BIMM, Birdlife Österreich, Distelverein, Naturschutzbund NÖ und der WWF Österreich sowie engagierte WissenschafterInnen 2006 zum „MARTHA-Forum“ zusammengeschlossen. Das MARTHA-Forum hat sich das Ziel gesetzt, die Entwicklung des Raums mitzugestalten und ein starker Anwalt für die Sicherung der Naturschätze zu sein. Die „March-Thaya-Vision, Perspektiven 2010“ wurde erstellt, sie legt die gemeinsamen Zielsetzungen des Martha-Forums fest und gibt einen Rahmen für Projekte und Aktivitäten vor, die der Umsetzung der Vision dienen.

Die Vertreterorganisationen des MARTHA-Forums fordern gemeinsam mit allen Umwelt NGO’s seit Jahren – bisher leider erfolglos – ein umfassendes Raumplanungskonzept für die Region. Allein durch eine koordinierte, überregionale, trilaterale Raumplanung ist eine nachhaltige Entwicklung der Region im Einklang mit den Interessen des Naturschutzes denkbar.

.